Martin Walker – „Bruno, Chef de police“

Rating: ★★★☆☆ 

Man muss schon im Périgord leben, wie der Schotte Martin Walker, will man so anschaulich und liebevoll über eben diese Region und deren Menschen schreiben. Und man muss schon ausgebildeter Schauspieler sein, wie Johannes Steck, will man so variantenreich die Vielzahl der Personen, weiblich oder männlich, zudem noch teilweise mit englischem Zungenschlag vortragen!

Nicht nur ein neuer Typ „Kommissar“ ist geboren, sondern dem Leser wird auch eine europäische Landschaft im Südwesten Frankreichs neu erschlossen, das Périgord. Dort ist Bruno Courrèges „Chef de Police“ im 2900-Seelen-Ort Saint-Denis. Geruhsam und geregelt geht es dort zu. Der Alltag Brunos wird – abgesehen von kleinen denunziatorischen anonymen Schreiben, weil ein Nachbar Schwarzarbeiter beschäftigt oder unerlaubt ein Fenster anbringt – nur wenig von kriminellen Delikten gestört. Das lässt ihm viel Zeit für die Betreuung der örtlichen Rugbymannschaft, Tennisstunden für die Kleinen und dem einen oder anderen Plausch mit den ihm allen bekannten Bewohnern des Ortes. Natürlich wird auch schon mal im Dienst ein „petit blanc“ oder „petit rouge“ getrunken. Dass man sich vereint und mit nicht immer ganz legalen Mitteln die bürokratischen Lebensmittelinspektoren der EU vom Leibe hält, die selbst gemachten und auf den Wochenmärkten der Gegend verkauften Fleisch- und Käsespezialitäten auf der Spur sind, ist selbstverständlich: Wenn es gegen Brüssel geht, hilft in Frankreich schon mal die Staatsmacht mit.

Überwiegend sorgt Bruno aber als unbestellter „Sozialarbeiter“ für Ruhe im Ort. Für jeden hat er ein Ohr, allen hilft er, die algerischen Einwanderer integriert er, die jungen Übermütigen dämpft er. Er weiß mit Menschen umzugehen. Kurzum: Bruno ist beliebt bei jedermann und – weil noch unverheiratet – bei mancher Frau. Ähnlich wie Commissario Brunetti ist er ein Genießer. Dem Leser / Hörer läuft so manches Mal das Wasser im Munde zusammen, wenn Bruno kocht: Confits, pâtés, millefeuilles, dazu dann selbst gemachter „vin de noix“. Und zur Komplettierung der Lebenslust pur gesellt sich alsbald auch noch die junge Inspectrice Perrault.

Doch dann geschieht in dieser Idylle dieses völlig unfassbare und unerklärliche Verbrechen. Was nun folgt, ist unter anderem auch ein Ausflug in ein dunkles Kapitel französischer Geschichte. Der Mord an einem Kriegsveteranen algerischer Herkunft bringt den kleinen Ort an den Rand des Chaos – wäre da nicht Bruno.

Fazit: Ein insgesamt beschaulicher Krimi aus dem französischen Department Périgord mit viel Lebenslust – und Lust auf mehr.

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