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Der Unterschied zwischen einem Amateur und einem „Profi“ liegt einerseits darin, dass der „ama-teur“ sein Tun im wahrsten Sinne des Wortes wirklich liebt, wohingegen der professionelle Kollege „nur“ seine Pflicht tut, Geld verdient – wie wir besonders auch bei diversen Sportarten immer wieder beobachten können.
Wolfgang Gogolin gehört als Gründungsmitglied der „Literaturgruppe Wortwerk-Hamburg“ zu den beseelten Amateuren. Während die Profis den Ball auch mal nonchalant schlenzen, ist der Amateurkicker stets aufs Äußerste bemüht.
So ist Gogolins Wortwahl modern, die Syntax variantenreich, die Handlung zeitgeistig. Alle 14 Geschichten haben den Charakter von „Fingerübungen“, denn auch das Schreiben lernt man am besten durch das Schreiben.
Gogolins Gesichten sind gut aus- und zu Ende gedacht, erinnern aus der Ferne an Roald Dahl – auch wenn sie ein wenig bemüht wirken, denn jeder Amateur möchte gefallen, erhält er doch sonst so gut wie nichts zurück für sein Steckenpferd.
Nur der „Profi“ kann es sich erlauben, die Lexik neu zu erfinden, die Syntax bis an ihre Grenzen zu quälen, Verb oder Reflexivum zu postponieren und den Handlungsstrang bis zur in die unendlichen Weiten von Zeit und Raum – sehr zum Ärger des Lesers – sich verlaufen zu lassen.
Da ist die rührende Geschichte von den beiden Weinliebhabern (welch schönes Wortspiel). Oder die Geschichte des Whisky trinkenden Pfarrers, der Gott sah. Oder der Abschied vom Junggesellenleben. Oder die vom süßen Erpel Ferdinand. In den letzten der Geschichten des Buches übernimmt der Autor versuchsweise je eine andere Erzählperspektive: Wir erleben die Welt aus Sicht einer Frau, des Katers Nils und … zweier Schneeflocken! Das ist originell!
Und fast immer – bedarf es überhaupt noch der Erwähnung – geht es um … die Liebe! Dazu sollen dann auch wohl die rosenumrankten Fenster des Buchumschlags passen (doch die gehören wohl zur Geschichte „Geist der Venus“). Warum nur erinnert mich das alles nur so an die TV-Serie „Heimatgeschichten“ mit Heinz Reinecke und Inge Meysel?
Denn wohlgemerkt, der Autor ist ein zu lobender, sein Schreiben tadellos. Was also hat der Rezensent zu mäkeln? Wer 50 Jahre lang unfallfrei ein Auto fährt, hat nicht zwangsläufig Talent für die Formel 1. Und die Zuschauer auf den Rängen wissen ohnehin alles immer besser. Rezensenten sowieso. Das mag den Autor trösten.
Dass es dann nicht für fünf Sterne gereicht hat, möge er angesichts eines begeisternden Georg Klein, eines hyperkreativen Daniel Kehlmann, eines phänomenalen Hans Joachim Schädlich oder meinethalben eines nimmermüden Günter Grass dem Rezensenten nachsehen.