Rating:
Daniel Kehlmann wird als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Gegenwartsautoren bezeichnet. Kehlmann hat eine Reihe von Literaturpreisen erhalten, seine „Vermessung der Welt“ wurde in über 40 Sprachen übersetzt. Da liegt die Messlatte bei jedem neuen Werk naturgemäß hoch – und mancher Autor ist an ihr gescheitert.
Der Erzählband „Unter der Sonne“ stammt bereits aus dem Jahre 1998 und ist Kehlmanns zweite literarische Veröffentlichung. Die FAZ schrieb seinerzeit nach dem Erscheinen: „Der eigentliche Prüfstein für einen gut gestarteten Schriftsteller pflegt sein zweiter Roman zu sein.“
Damals, gerade 22 Jahre, doch unverkennbar schon hier in literarischen Miniaturen sein „Sujet“ abgründiger Geschichten und seine stets subtile Ironie. Man spürt bereits in diesem frühen Werk die Fingerübungen für das, was dann später in Romanform erscheinen wird. Leichte Parallelen und Anlehnungen sind erkennbar („Unter der Sonne“ – „Ich und Kaminski“). Komik und Katastrophe liegen oft dicht beieinander.
Was Kehlmann wohltuend von manch anderem Jungautoren unterscheidet, ist nicht nur sein unverkennbarer Erzählstil, sondern vor allem auch sein profunder Hintergrund, der es ihm erlaubt, seine Texte auf unterhaltsamste Weise auch philosophisch mitklingen zu lassen.
Ein schöne Idee des HörbuchHamburg Verlags, zumindest vier der Erzählungen nun von vier Sprechern inklusive Autor gekürzt lesen zu lassen:
– Unter der Sonne – Burghart Klaußner
– Kritik – Ulrich Pleitgen
– Töten – Matthias Brandt
– Schnee – Daniel Kehlmann
Am besten gefallen mir „Unter der Sonne“ als Annäherungen eines Literaturwissenschaftlers an den von ihm bewunderten Großschriftsteller Bonvard und „Kritik“, in dem Schauspieler Wagenbach im Flugzeug von einem Mitreisenden nach Strich und Faden als Künstler dekonstruiert wird.
Fazit: Ein in jeder Hinsicht großes literarisches Hörvergnügen.