Dieter Schwanitz – „Der Campus“

Rating: ★★★★☆ 

Es ist schon einige Jahre her, dass ich dieses Buch erstmals gelesen habe. Gewiss, man darf sich fragen, was Schwanitz mit dieser „Universitätssatire“ erreichen wollte. Der ganze Roman ist eine Kritik an Filz und Korruption Hamburger Universitätsprofessoren. De mortuis nil nise bene – Schwanitz war gleichwohl von seinem gesamten Duktus her ein Unzufriedener mit dem Bestehenden – denken wir nur an sein Buch über Bildung.

Nach Schiller stellt die Satire die mangelbehaftete Wirklichkeit einem Ideal gegenüber. Schwanitz tut das in diesem Buch auf humorvolle Weise. Auch wenn manche Leser und Rezensenten sich an den Stereotypen stören, die Schwanitz hier über den Universitätsalltag produziert, dürfen wir davon ausgehen, dass immer ein Stückchen Realität in der Überzeichnung steckt.

Natürlich hat er als gelernter Anglist stilistisch ein wenig bei Autoren wie Kurt Vonnegut „gekupfert“ und ist es kein Wunder, dass das ganze Buch von einem gewissen „englischen Humor“ geprägt ist (ich könnte mir John Cleese sehr gut als Hanno Hackmann vorstellen).

Zwar weiß ich nicht, wie es heute an unseren Universitäten zugeht, doch für die 70er Jahre bin ich gerne bereit, jede eidesstattliche Erklärung abzugeben, dass die von Schwanitz beschriebenen und vom Leser belächelten Verhältnisse zumindest an einer anderen norddeutschen Universität durchaus Realität waren. Ich habe den Umgang und Untergang einiger Professoren mit deren Studentinnen „live“ erleben dürfen. So mancher Schein wurde mit Tränen oder gar Dienstangeboten erkämpft. Auch die Intrigen unter den Kollegen waren teilweise unerträglich. Wer viel veröffentlichte war ein „Vielschreiber“, wer wenig publizierte, war eine wissenschaftliche Null. Stellenbesetzungskommissionen knickten lange Jahre vor der Gleichstellungs- (früher „Frauen-„) Beauftragten ein.

Und genau deshalb habe ich dieses Buch in vollen Zügen genießen können. Denn eine Untergattung der Satire ist die Realsatire. Und genau das ist Dieter Schwanitz mit diesem Werk gelungen.

Fazit: Gute Unterhaltung zum ansonsten ehrwürdigen Universitätsbetrieb.

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