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Die Bischöfin und neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland, Margot Käßmann, hat mit ihrem neuen Buch eine Standortbestimmung versucht. Vielleicht ist es deshalb auch so persönlich geworden wie bisher kein anderes von ihr.
Dabei unterläuft Margot Käßmann nicht der Fehler, sich selbst als leuchtendes Vorbild, als erfolgreiche Frau und Mutter von vier Kindern darzustellen. Autobiographisches wird nur benutzt, um Prinzipielles zu verdeutlichen. Eigene Erfahrungen werden mit Predigttexten, biblischen Geschichten und Tagebucheintragungen gemischt. In zehn Kapiteln beschreibt Käßmann Themen wie Jugendlichkeit und Alter, Schönheitswahn und Krankheit. Immer mit Bezug zur Bibel.
Der Titel ist Programm: „Ich denke, es gibt so ein Lebensgefühl um die 50. Das erleb ich bei mir und bei Freundinnen und Freunden – das Gefühl, du hast viel schon hinter Dir; viel Erfahrung, und vor Dir liegt das Alter und auch das Sterben. Dieses Gefühl, dazwischen zu sein, ist ein Spannungsgefühl, wobei ich weiß, mit 50 hat man die Mitte wahrscheinlich längst überschritten.“
Über das Altern schreibt sie: „Wir sind ja eine Gesellschaft, die Alter überhaupt nicht aushält. Da müssen die Falten sofort unterspritzt werden. Wir tun alles, um nicht alt auszusehen aber möglichst dann doch wieder alt zu werden. Und ich denke, die Bibel ist auch eine Ermutigung, in Würde alt zu werden. Das wünsche ich mir jedenfalls für mich, dass ich die Nerven habe, dazuzustehen, dass die Haare grauer werden, dass Du langsamer läufst und dass auch diese allgemeine Nachricht, dass der Mensch sterblich ist, irgendwann eine sehr persönliche Botschaft für Dich wird.“
Dass dieses Buch auch der eigenen Klärung der geschiedenen Ehe und der Krebserkrankung dient, ist spürbar: „Ich denke, da ist genau so ein Punkt, wo es auch eine Grenze gibt. Wenn ein Paar sich nach 26 Ehejahren scheiden lässt, ist das ein sehr persönlicher und privater Prozess, der meines Erachtens auch im Detail nicht in die Öffentlichkeit gehört. Was vor sich gegangen ist. (…) Die Scheidung hat mir wehgetan, das schreib ich in dem Buch auch noch mal, aber ich werde sie nicht im Detail an die Öffentlichkeit zerren.“
Aber auch andere Themen werden angesprochen, die man von einer Kirchenfrau weniger erwartet, wie Sex im Alter, Menopause, Sterbehilfe.
Margot Käßmann ist mit ihren Ämtern eine öffentliche Person geworden. Sie ist meinungsfreudig und wortgewandt und immer da, wenn sie die evangelische Kirche in der Öffentlichkeit vertreten soll. Wie sie neben ihren vielen Terminen noch Zeit findet, Bücher zu schreiben, bleibt ihr Geheimnis. „In der Mitte des Lebens“ ist keiner der üblichen Ratgeber für Frauen ab 50. Und wenn das Buch sich auch eher an die Frauen dieser Welt richtet als an die Männer, so sind doch bei dem Thema „50 plus“ beide Geschlechter gleichermaßen angesprochen – und deshalb ist das Buch auch für Männer durchaus lesbar.