Peter Kurzeck – „Da fährt mein Zug“

Rating: ★★★★¼ 

Vielleicht ist es die – anheimelnde – Erzählweise, die Peter Kurzecks Hörbücher so kurzweilig machen. Der Inhalt ist es wohl kaum, beschreibt er doch letztlich nur Banales. Doch die Kunst eines guten Autors besteht eben auch darin, Alltägliches so zu erzählen, dass es den Leser fesselt. Banales wie einen Aufenthalt in Straßburg im Jahr 1994, als der Autor eine Reise von Frankfurt nach Avignon antrat – und der Zug mit dem Gepäck und ohne den Autor abfuhr.

Großartig Neues erfährt der Hörer nicht. Kurzecks hat eine Fähigkeit zum minutiösen Beschreiben von Nebensächlichkeiten. Kaum ein anderer – außer vielleicht Wilhelm Genaziono – wenn er die Welt beschreibt, kann uns so verzaubern wie er. „Damals war es so, dass es einen Nachtzug gab“, so beginnt denn auch das Hörbuch.

Kurzeck macht süchtig, besonders als Vorleser. Doch Kurzeck liest nicht vor, sondern trägt frei aus dem Gedächtnis vor, er erzählt in der besten Erzählertradition, die an die lange literarische Tradition des Mündlichen anknüpft. Es scheint, als ob die Zeit sich bei Kurzeck dehnt und man ist erstaunt, wenn alles plötzlich schon zu Ende erzählt ist.

Hinter alldem steht eine vermeintlich existenzielle Dringlichkeit: „Man muss“, so sagt Kurzeck an einer Stelle, „solche Geschichten erzählen, sonst hält man es nicht aus“.

Der einzige Wermutstropfen ist der vergleichsweise hohe Preis für eine überaus – vermutlich vom Autor bewusst so gestaltete – sparsame CD ohne Booklet oder jeglichen sonstigen Text oder Hinweis von 62 Minuten Spieldauer – nur deshalb ein Stern weniger.

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