Tiziano Terzani – „Noch eine Runde auf dem Karussell“

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Die Frage nach dem Sein beschäftigt die Menschheit von ihrem Anbeginn an. Bisher konnte noch kein Sterblicher eine abschließende Antwort darauf geben. Diese „unbefriedigende“ oder doch zumindest beunruhigende Lage, die Frage nach dem Woher und Wohin, hat der Menschheit viele Tausend Regalmeter Bücher beschert und Glaubensgemeinschaften, „Schulen“ und Gurus jeder Couleur hervorgebracht. Die einen vertrösten den Menschen auf das „Leben“ oder die „Zeit“ nach dem Tode, die anderen lehren ihn, im Hier und Jetzt zu reüssieren oder sich zu delektieren.

Als Tiziano Terzani erfährt, dass an Krebs erkrankt ist, begibt er sich nach New York, weil dort nach seinen Informationen die besten „Instandsetzer“ schulmedizinischer Provenienz residieren. Mit allen Erkenntnissen und Mitteln der modernen westlichen Medizin operiert man Terzani (gegen Vorkasse – wir befinden uns in den USA), behandelt ihn mit Chemotherapien und Bestrahlungen und entlässt ihn nach vielen Monaten als vorläufig geheilt wieder in die Welt.

Als intimer Kenner des asiatischen Kontinents, den er viele Jahre als „Spiegel“-Korrespondent bereist hat, begibt Terzani sich hernach auf die Suche nach möglicher endgültiger Heilung auf eine lange Odyssee zu den renommiertesten fernöstlichen „Heilern“ in Indien und Thailand, nach Hongkong, auf die Philippinen und schließlich in den Himalaya. Fünf Jahre laboriert und meditiert er fern seiner Heimat und Familie – eine privilegierte Situation, von der Normalsterbliche nur träumen können.

Am Ende steht für ihn die Erkenntnis, dass der „Tod nicht immer und unbedingt eine schlimme Nachricht“ ist. Auch kann er dem Leser nicht helfen, auf Grund seiner eigenen umfassenden Erfahrungen nun eine „Abkürzung“ nehmen zu können: „Heilige Schriften, Meister, Gurus, Religionen sind zwar hilfreich, aber nur so, wie uns ein Fahrstuhl dazu dient, uns ein Stück mit hinaufzunehmen und die Treppen zu ersparen. Das letzte Stück des Weges aber (…) muss man allein zurücklegen, zu Fuß.“ Diesen letzten Gang hat Terzani uns dann in seinem letzten Buch so wunderbar beschrieben.

Für mich ist dieses Buch eines der besten, das ich über die menschliche Suche nach Sinn und Heilung gelesen habe.

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