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Kaum eine Branche wimmelt so von Anglizismen wie die Werbebranche und gewiss könnte man trefflich darüber streiten, ob der vorliegende Titel denn für jeden verständlich ist. Doch schon „Marketing“ ist eine amerikanische Erfindung und das deutsche Äquivalent „Absatzwirtschaft“ ist auch nicht gerade umwerfend.
All das weiß natürlich auch Bernd Röthlingshöfer und berichtet von dem wunderschönen Beispiel der Parfümerie Douglas die sich mit dem Motto „Come in an find out“ ein herrliches Eigentor geschossen hat, weil mehr als die Hälfte der Kunden meinte, das hieße „Kommen Sie herein und finden Sie wieder heraus“. Auch Esso hat mit den We are drivers, too“ (wer kann das richtig übersetzen?) nicht gerade für Verständnis gesorgt. Und neulich titelte hier eine Filiale der Fastfoodkette „Subway“ mit „Bye one – get two“, worauf man nur noch mit „Good buy“ resignieren kann!
Ja, man ist eitel – gerade in dieser Branche. Und deshalb spricht man gerne Englisch. Und wenn Röthlingshöfer dann noch sein Marketeasing“ gegen die Old-school-Werbung“ setzt, dann war es vorauszusehen, dass diese laut aufheulen würde, angesichts dieses frechen jungen Kerls, der es da wagt sein Bein an den Old boys“ zu heben. Nein, das lassen die sich nicht gefallen und schlagen sofort mit schlechten Bewertungen zurück.
Dabei hat Röthlingshöfer ja Recht. Und das wissen auch die „Old boys“ von der „Old school“ selber ganz genau. Doch jeder Mensch wehrt sich am lautesten, wenn die Kritik gesessen hat. Und wer schreit, hat ja bekanntlich unrecht.
Doch der Reihe nach.
Wir müssen konzedieren: Die „Old school“ hat durchaus jahrzehntelang Recht gehabt. Punkt. Nur, was vor langer Zeit richtig war, kann heute völlig falsch sein. Es muss ggf. durch neue Gedanken und Methoden ergänzt oder gar ersetzt werden.
Die Zeiten der Massenwerbung sind vorbei. Lautstärke und Aufdringlichkeit sind nicht mehr zu übertreffen. Die meisten Menschen hassen heutige Werbung und klicken, sehen, zappen weg. Die „Old boys“ reagieren darauf mit noch größerer Penetranz nach dem Motto „Viel hilft viel“. Doch der Volksmund weiß „Nach fest kommt ab“ – und drückt den Ausknopf. Werbung und Reklame sind überwiegend zu einem Ärgernis geworden.
Jemanden zu unterbrechen, sei es beim TV, in der Zeitung oder beim Radiohören ist nicht nur ärgerlich, es ist auch unhöflich. Wir alle fragen uns, weshalb die Werbebranche nicht aufhört, den Konsumenten zu „belästigen“? Sagen wir es an dieser Stelle doch einmal deutlich: Wir sind „reklamistent“ bis „reklamphob“!
Doch es ist nicht so, dass Werbung NICHT wahrgenommen wird.
Unser Gehirn hat lediglich, ähnlich wie mit anderen von außen kommenden Reizen, gelernt, diese als für uns (unsere Existenz, Sicherheit usw.) unbedeutend herauszufiltern. So wie man nach 20 Jahren neben der Bahnlinie die vorbeifahrenden Züge nicht mehr bewusst wahrnimmt (obwohl man sie hört), ignoriert unser Hirn die meiste Werbung. Sie ist nicht BEDEUTSAM!
Nur wenn sie uns ins Gesicht spuckt, wenn sie uns anstinkt oder anschreit, blicken wir noch kurz angewidert auf. Ein Paradebeispiel war der Versuch von Saturn-Hansa mit ihrer geschrienen „Geiz-ist-geil“-Werbung. Krasser (und wie Röthlingshöfer nachweist, erfolgloser) geht es nicht.
Kurzum: Werbung findet zunehmend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die tradierten Kommunikationskanäle sind verstopft oder abgeklemmt (das Faxgerät ist ein gutes Beispiel dafür als ein Medium, das kaum noch jemand benutzt). Hinzugekommen sind hingegen inzwischen viele neue Möglichkeiten der Kundenansprache und des Kundendialogs. Und genau mit diesen beschäftigt sich Röthlingshöfer.
Dass „Communities“, „Blogs“ und andere Netzwerke bei der Verbreitung von Mundpropaganda zunehmend wichtiger werden, erkennt die Branche erst ganz langsam und widerstrebend. Ein hilfreicher und zeitgemäßer Ansatz ist das „Permission Marketing“ (Erlaubnismarketing). Nur, wer meine Erlaubnis hat, darf mich informieren.
Röthlingshöfer beschreibt eben diesen Wandel von „One to many“ zu „One to one“ bzw. „One to some-Werbung“. Werbung muss dabei den Pfad der Quantität verlassen und zur „Qualität“ (zurück?) finden. Er gibt in seinem Buch Hunderte von praktischen Beispielen, wo eben dies bereits gelungen ist.
Fazit: Wer also wissen will, wie Kundenansprache in Zukunft funktioniert, kommt um dieses Buch nicht herum, ganz gleich in welcher Branche er arbeitet. Zudem spart er sich viel Geld, weil er nicht zehn oder mehr hochpreisige Bücher oder Studien kaufen muss – alles ist in diesem Werk zusammengefasst enthalten. Good buy, really!