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Man muss Schriftsteller der minutiösen Beschreibung alltäglicher und subtiler Dinge (wie Wilhelm Genazino) schon mögen, will man auch diesen Roman goutieren (deshalb keine volle Punktzahl). Ist das jedoch der Fall, kommt der Leser voll auf seine Kosten!
Anton Haugeneder stellt uns einen begabten und engagierten Pädagogen vor, der durch einen Unfall aus der Bahn gerät. Doch nach der körperlichen Wiederherstellung leidet er plötzlich an „lettrischen Attacken“, an „monovokalischen“ noch dazu (keine Sorge, das ist nicht ansteckend), die es ihm aus seiner Sicht nicht mehr erlauben, seinen Beruf weiter auszuüben. Spätestens an dieser Stelle merkt der Leser, dass Ähnlichkeiten mit dem klassischen „Schelmenroman“ nicht von der Hand zu weisen sind.
Sein Dienstherr beurteilt die Lage anders und unterstellt ihm Simulantentum. Gruner nimmt den Kampf gegen die Institutionen beherzt auf, hat er in der Rekonvaleszenzphase doch festgestellt, dass langes Ausschlafen morgens dem Wecker eindeutig vorzuziehen ist.
Glück im Unglück, sein Unfall hat ihn durch diverse fällige Versicherungen in die Lage finanzieller Unabhängigkeit versetzt. Dies wiederum erlaubt es ihm, gleich zwei attraktive Haushaltshilfen zu beschäftigen, die ihm recht bald auch in anderer Hinsicht zu Diensten sind. Das süße Leben bekommt zunehmend mehr Bedeutung, wenn da nur die monovokalischen lettrischen Attacken nicht wären …
Der Leser findet als Stilelemente des Buches eine Vielzahl von Abhandlungen so ungemein spannender Themen wie die von Vasen, Pokalen oder Papierkörben vor. Auch der Blick durch das Dachfenster gelingt Haugeneder formvollendet als „große Literatur“. Ja, schreiben kann er, der Anton Haugeneder!