Walter Kempowski – “Hundstage”

Rating: ★★★★★ 

Es gibt Bücher, die man sinnvoll nur in einer bestimmten Jahreszeit lesen kann. Wenn die Sonne die norddeutsche Tiefebene auf über 30 Grad C zum Kochen bringt, dann ist man über jedes Lüftchen froh, das Kühlung bedeutet. „Hundstage – das sind die Tage, an denen das Leben stillzustehen scheint„.

Und so ist es auch mit diesem Roman. Weder kann man anspruchsvolle Literatur unter solchen Bedingungen schreiben noch kann man sie sinnvoll lesen. Unter diesen Umständen zollen wir dann Walter Kempowski vollen Respekt für diese überaus humoreske und durchaus stets selbstironische literarische Fingerübung, die gewiss nicht den Anspruch hat, als große Literatur zu gelten, und von der der Autor vermutlich zugeben würde, dass so etwas eben auch zum Lebensunterhalt notwendig sei. Natürlich muss man solche augenzwinkernden Werke ebenso mögen wie den norddeutschen Charakter, will man solchen Büchern etwas abgewinnen (und ihm fünf Sterne geben).

In diesem Buch beginnt die Geschichte des Schriftstellers Alexander Sowtschick, bei dem es sich expressis verbis um ein männliches Exemplar handelt, das sowohl „soft“ als auch „chic“ ist oder gerne wäre, und bei dem es sich um keinen anderen als die autobiographische Blaupause eines Walter Kempowski handelt. Ihre Fortsetzung findet diese Geschichte dann erst gut 20 Jahre später im (bisher) letzten Roman von Kempowski „Letzte Grüße“ – in Stil und Thema nicht unähnlich.

Anstatt, wie vorgenommen, an seinem neuen Roman zu schreiben, lenken die jungen Mädels, die seinen Haushalt führen sollen, den alternden Schriftsteller „tüchtig“ ab. So etwas bleibt auf dem Lande natürlich nicht verborgen, wo ein Schriftsteller – ob er es will oder nicht (Kempowski will es) – immer ein Exot bleibt.

Als dann ein kleines Mädchen ermordet aufgefunden wird, richtet sich der Verdacht sofort auf den im Orte stets fremd gebliebenen Mitbürger. Das Schicksal nimmt seinen Lauf, an dessen Ende ein resignierter Schriftsteller steht, der sich rehabilitiert aber schmollend nun am liebsten noch weiter isolieren möchte. Kempowski lässt grüßen.

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