Heinrich Böll – „Haus ohne Hüter“

Rating: ★★★★★ 

Kennen Sie das? In irgendeiner Lebenssituation geht einem plötzlich ein Buch- oder Liedtitel durch den Kopf, und man beschließt, das würde man das gerne einmal (wieder) lesen bzw. hören möchte. So ging es mir mit dem vorliegenden Titel. Also flugs die neue Hardcoverausgabe gekauft.

Heinrich Böll gehört zwar zu den von mir respektierten, aber seit Schulzeiten kaum mehr wahrgenommenen Schriftstellern. Vielleicht war sein Thema, die geistig/geistlich-politisch/kulturelle Situation am linken Niederrhein nicht meins. Vielleicht war es seine schmucklose Prosa, die literarisch das karge Nachkriegsdeutschland widerspiegelt?

In diesem frühen Roman Heinrich Bölls aus dem Jahre 1954 erkennt man jedenfalls in seinen literarischen Mitteln deutlich den Stil der Zeit: So fand ich viel Gemeinsames mit dem damals ebenfalls jungen Siegfried Lenz.

Doch auch wenn Böll in seiner Zeit (der Adenauerära) verankert war, ist das Thema dieses Buches m. E. durchaus auch heute noch aktuell. In diesem Buch geht es in parallelen Handlungssträngen um das Leben von – in diesem Falle – durch den Krieg zerrissenen Familien. Die „Onkel-Ehe“ lässt sich ja durchaus auf die heutige Zeit der „Patchwork-Familien“ zeitgemäß verlängern. Das Buch beschreibt traditionelle Bindungen, deren Verfall nicht aufzuhalten ist. Es beschreibt den Zusammenhang von materieller Abhängigkeit und der Sehnsucht nach Liebe, Zugehörigkeit und Zuhause.

Gibt es ein zeitloseres Thema?

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