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Wir alle kennen jenen legendären Film von Sir Alfred Hitchcock. Doch nicht jeder weiß, dass dieser auf eine Kurzgeschichte von Daphne du Maurier zurückgeht.
Berühmt wurde sie durch die Romane „Rebecca“, ebenfalls verfilmt von Alfred Hitchcock. Ähnlich erfolgreich war die Verfilmung ihrer Erzählung „Dreh dich nicht um“, die als „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973) von Regisseur Nicolas Roeg mit Donald Sutherland und Julie Christie inszeniert wurde.
Die Adaption Hitchcocks von „Die Vögel“ hat jedoch nur wenig gemein mit dem Original. Die Kurzgeschichte ist apokalyptisch düster. Hitchcocks Möwen und Krähen sind Komparsen, zu Kleindarstellern herabgewürdigte Individuen. Aus den Vogelschwärmen du Mauriers leuchten dagegen die grauenhafte fremde Macht.
Nat Hocken lebt als Landarbeiter an der englischen Küste. Er ist etwa vierzig Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder. Nat bemerkt als erster, dass etwas mit den See- und Landvögeln der Umgebung nicht Ordnung ist. In aller Eile beginnt Nat Hocken sein kleines Farmhaus zu befestigen, als einziger in der Gegend bereitet er sich erfolgreich auf einen Angriff der Vögel vor. Meinte sein Nachbar noch, dem Treiben mit der Schrotflinte beikommen zu können, werden am Ende nicht einmal mehr Kampfflugzeuge der Lage Herr werden können.
Während die Krähen und Möwen bei Hitchcock den Menschen eines Küstenorts in Cornwall lediglich in den Haaren zauseln, gehen alle Vögel – auch die zierlichen kleinen Meisen und Zaunkönige – im Original mit brutaler Gewalt gegen die Menschen vor, in der eindeutigen Absicht, diese zu töten.
Der letzte Absatz beschreibt noch einmal, in eisigkalter Grandiosität, die maschinenhaften Präzision und der kollektive Macht titelgebenden Vögel. Todesmutig wie Kamikazeflieger greifen die Vögel den Erdenball an. Dabei machen Sie weder vor Fenstern oder sonstigen Absperrungen halt. Der Notstand wird am ersten Tag im Radio ausgerufen. Bereits am zweiten Tag gibt es keine Radiosender mehr.
Nat begreift, dass das scheinbar irrsinnige Durcheinander der riesigen Schwärme kollektive Intelligenz bedeutet – wir würden heute modern von „Schwarmintelligenz“ sprechen.
In den letzten Sätzen schlägt das Herz der Geschichte wieder in altmodischer Sentimentalität für den Helden Nat Hocken. Dieses Ich will den nächsten Tag erleben. Daphne du Mauriers spannende Geschichte endet – zumindest – für Nat Hockens Familie offen.
Fazit: Ein beklemmendes und frühes Portrait einer über Jahrhunderte gequälten und ausgebeuteten und nun zurückschlagenden Natur. Fast hätten die Vögel es vor einigen Jahren wirklich geschafft, die Menschheit per H1N1 auszurotten. Doch die Vernichtung von Millionen Hühner und Artverwandten hat das noch einmal brutal abgewendet.
Der Roman ist auch als Hörbuch erhältlich und wird von Hannelore Hoger vorgelesen.