Sigrid Damm – „Goethes letzte Reise“

Rating: ★★★★★ 

Das Buch „Goethes letzte Reise” nimmt seinen Ausgangspunkt in einem  Ausflug, den Goethe zu seinem letzten Geburtstag im Jahre 1831 mit seinen Enkeln nach Ilmenau unternahm. Dort hatte er einst als Weimarer Geheimrat die schlimmste Niederlage seines Lebens erlitten, bei dem Versuch nämlich, ein profitables Bergbau-Unternehmen zu gründen.

Doch geht es bei dieser „letzten Reise” um mehr. Sie führt den berühmten Dichter ein letztes Mal auf den Gickelhahn, wo er einst in jungen Jahren in einer Jagdhütte sein todesahnendes Gedicht „Ein Gleiches” mit dem Vers „Warte nur! Balde/ Ruhest du auch” in die Bretterwand geritzt hatte.

Mitgenommen auf seine Reise hat Goethe auch ein Trinkglas, in das die Namen von Ulrike von Levetzow und ihrer Schwestern eingraviert sind – diese hatten es ihm bei seinem letzten böhmischen Kuraufenthalt 1823 zum Geburtstag geschenkt. Damals war der bereits betagte Goethe in Leidenschaft zu der blutjungen Ulrike entflammt, doch erlebte er auch hier eine herbe Niederlage.

Vor Vater Goethe stirbt jedoch Sohn August, der vor einer misslingenden Ehe nach Italien geflohen war – ganz auf den Spuren seines Vaters. Die Grabschrift, die Goethe selbst formulierte, nannte August nicht einmal bei Namen, sondern nur:

Goethe filius. Patri anteverftens obiit annor XLMDCCCXXX
(Goethe, der Sohn, seinem Vater vorangehend, starb 1830)

Einmal mehr erleben wir das Drama von Kindern großer Dichter.

Insgesamt ist dieses Buch ein facettenreiches Porträt: Goethe als Werther- und Faust II-Autor, als Politiker, als glückloser Frauenheld, als fordernder Vater, als Greis, der das Sterben, als es dann wirklich kam, anrührend normal bewältigte.

Legt man das Buch aus der Hand, so taucht man auf aus einer vergangenen Zeit, die Sigrid
Damm für uns auf unverwechselbare Weise zur Gegenwart hat werden lassen. Vielerlei Quellen hat sie dabei zitiert. Auch das macht „Goethes letzte Reise“ zu einem Leseerlebnis besonderer Art.

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