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Die Diskussion um die Verfilmung von „Die Wand“ füllt derzeit die Gazetten.
Bereits am 6. November 2004 rezensierte ich bei amazon das Buch kurz und knapp:
„Zu den anderen Rezensionen hinzuzufügen wäre lediglich der Gedanke, dass „Die Wand“ nicht ganz weit weg von Daniel Defoe, und die handelnde Person wohl Ähnlichkeiten mit einem weiblichen „Robinson Crusoe“ hat – wenn auch sicher das Motiv von Marlen Haushofer, dieses Buch zu schreiben, ein ganz anderes gewesen sein muss. Und an diesem Punkt ist es ergreifend und lesenswert. Literarisch und erzählerisch habe ich es eher als mäßig empfunden.“
Der Film mit Martina Gedeck weckt offenbar mehr Raum für Interpretation als das Buch. Die Schauspielerin selber interpretiert in einem Interview im evangelischen Magazin „chrismon“ die Wand als schwere Krankheit, einen Verlust, etwas, das einem den Weg zur Welt versperrt. Die Frau sei von der Welt getrennt aber nicht vom Leben. Sie befinde sich in einem Zwischenreich, vielleicht auch auf dem Weg ins Jenseits. Jedoch übernehme sie Verantwortung, entwickle eine Kultur, schaffe Ordnung.
In ihrem 50-jährigem Leben erhielt die 1920 geborene österreichische Schriftstellerin wenig literarische Aufmerksamkeit. Erst im Rahmen der Frauenbewegung widerfuhr ihr nachträglich allmählich Bedeutung. Und in den Kontext einer Svende Merian oder Verena Stefan scheint dieses stark depressive Werk in der Tat rezeptionsästhetisch zu passen.
Manchmal legen Interpretationen und Rezensionen mehr in ein Werk hinein als der Autor selber je intendierte.