Cees Nooteboom – „Saigoku“

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Wenn jemand fast jede Stadt, jeden entlegenen Flecken dieser Erde bereist hat, dann gehört Cees Nooteboom gewiss zu diesen.

Bereits 1992 berichtete er über den Jakobsweg nach Santiago de la Compostella. In diesem Buch beschreibt er nun gemeinsam mit Fotographin Simone Sassen den japanischen Saigoku-Pilgerweg der 33 Tempel. Alle diese Tempel sind Kannon, der vielgestaltigen Göttin (oft mit Pferdekopf) der Barmherzigkeit geweiht.

Cees Nooteboom hat dafür mehrere Anläufe und mehrere Jahren gebraucht. Die Reihenfolge, in der man die Tempel besucht, ist nicht vorgegeben. Meist liegen sie jedoch weit abgelegen, fern von der japanischen Zivilisation, irgendwo unwegsam und hoch in den Bergen und sind schwer zu erreichen: Komplizierte öffentliche Verkehrsmittel, langwierige Aufstiege, Treppen mit hunderten von Stufen. Doch die körperliche Anstrengung ist meist Programm bei Wallfahrtsorten:

„… man geht freiwillig zu etwas, das buchstäblich hoch über einem liegt, das muss einem etwas wert sein, dort anzukommen ist wie seine eigene Belohnung.“

Nooteboom ist dabei „kein Buddhist, meine sterbliche Flüchtigkeit kann ich recht gut ertragen, die zuweilen so bösartige Wirklichkeit der Welt habe ich auf allen Kontinenten gefunden, dass alles Illusion ist, wusste ich bereits“.

Ebenso wenig ist er Christ, auch wenn er in diesem Glauben erzogen wurde. Er überlegt sich „… blasphemisch, dass ein paar sorgsam gestapelte Steine vor einer verwitterten Heiligenstatue von größerer Klarheit sind als die Haarspaltereien der Scholastik.“

Immer wenn Cees Nooteboom und Simone Sassen gemeinsam unterwegs sind, kommt ein Bildband vom Feinsten heraus. Die Fotographin lichtete für dieses Buch die 33 Tempel in unterschiedlichen Jahreszeiten ab. Der Autor erzählt uns die Geschichte vom Prinzen Genji aus dem Jahre 1000.

Ein Buch also über fernöstliche Stille, Schönheit und uralte Mythen, zum Schauen, Lesen und Meditieren, „denn welchen Sinn hat Lesen, wenn man sich in das gelesene nicht hineindenken kann, wenn man es nicht wagt, dort zu sein, wo das Buch ist?“

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