Pierre Bost – „Ein Sonntag auf dem Lande“

Rating: ★★★☆☆ 

Der in Deutschland eher unbekannte französische Autor Pierre Bost war in der Zwischenkriegszeit ein in Frankreich bekannter Romancier. Dieses Buch aus dem Jahre 1945, das sich als Roman ausgibt und den wesentlich bezeichnenderen Originaltitel „Monsieur Ladmiral va bientôt mourir“ trägt, wurde von Bertrand Tavernier im Jahre 1984 verfilmt.

Die gesamte Handlung des Romans spielt an einem einzigen Sonntag. Ein Familientreffen auf dem Lande. Die Hauptfigur Urbain Ladmiral, ein alternder Maler, einst hochdekoriert und in jungen Jahren äußerst erfolgreich, lebt mit nun sechsundsiebzig in einem Haus auf dem Lande. Alles ist ihm zur vertrauten Gewohnheit geworden.

Jeden Sonntag bekommt er Besuch von seinem Sohn Gonzague – der von seiner Frau jedoch nur Edouard gerufen wird – und dessen Familie. Man isst und trinkt, die drei Kinder langweilen sich, man macht Siesta. Bis vor einem halben Jahr hat der Vater noch Gonzague und seine Familie besucht, das ist ihm inzwischen zu viel geworden.

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Tania (Karen) Blixen – „Babettes Fest“

Rating: ★★★☆☆ 

In einem jütländischen Fischerdorf leben Menschen nach der streng pietistischen Lehre des Dorfpfarrers in Enthaltsamkeit und Demut. Zu ihrer Erbauung singen seine beiden Töchter Philippa und Martina – ihre Namen leiten sich von Martin Luther und Philipp Melanchton ab – in ihrer freien Zeit christliche Lieder, insbesondere Martina ist mit einer wundervollen Stimme gesegnet.

Sie wird vom französischen Opernsänger Achille Papin umworben, der sich zur Kur in dem kleinen Dorf aufhält und ihr mit Zustimmung des Vaters Gesangsunterricht erteilt. Als sie aber seine Zuneigung bemerkt, zieht sie sich zurück. Enttäuscht kehrt Papin nach Frankreich zurück.

Philippa hingegen ist von außergewöhnlicher Schönheit, und der Offizier Lorens Löwenhjelm verliebt sich Hals über Kopf in sie. Doch die beiden Mädchen entscheiden sich für ein Leben in frommer Enthaltsamkeit und Pflichterfüllung und gegen die Liebe und widmen sich fortan den Ideen ihres Vaters.

„Die beiden Mädchen griffen in das Schicksal zweier Herren ein, die aus der großen Welt da draußen gekommen waren und deren Herzen sie tief beunruhigt hatten.“

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Charles Dickens – „Eine Weihnachtsgeschichte“

Rating: ★★★☆☆ 

Es ist wohl eine der bekanntesten Weihnachtsgeschichten der Welt: Der geizige, alte Geschäftsmann Ebenezer Scrooge wird eines Nachts von drei Geistern heimgesucht.

„Humbug!“ – Als solchen bezeichnet Geschäftsmann Ebenezer Scrooge Weihnachten. Es ist Heiligabend gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Wie jedes Jahr schlägt Scrooge die Einladung seines Neffen zum Weihnachtsessen aus, bezichtigt seinen treuen Mitarbeiter der Faulheit und weigert sich, den Armen an den Feiertagen Geld zu spenden.

Doch in dieser Nacht erscheint ihm plötzlich der Geist von Jacob Marley, Scrooges ehemaligem Geschäftspartner. Dieser in schweren Ketten liegende Mann rät Scrooge, dringend sein Leben zu ändern: Wenn er weiterhin so kaltherzig und geizig bliebe, würde er nach dem Tod dafür büßen und kündigt ihm drei weitere Geister an. Sie zeigen ihm Bilder der vergangenen, gegenwärtigen und kommenden Weihnacht – in der er, Scrooge, bereits nicht mehr lebt.

Als Scrooge am Morgen aufwacht stürzt er auf die Straße, kauft einen großen Truthahn für seinen Mitarbeiter und dessen Familie, nimmt die Einladung seines Neffen zum Weihnachtsessen an und spendet eine großzügige Summe für die Armen.

Das Buch, das Dickens am 19. Dezember 1843 erstmals unter dem Originaltitel „A Christmas Carol“ veröffentlichte, geriet alsbald zum Verkaufsschlager. Seine Botschaft: Güte und Mitgefühl für die Mitmenschen zählen nicht nur an Weihnachten, sondern das ganze Jahr über zu den höchsten Gütern.

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Wolfgang A. Gogolin – „Dunkles Licht in heller Nacht“

Rating: ★★★★★ 

Ein Kommissariat in Paris. Kein gewöhnliches: Von den hier Tätigen sind die meisten  psychisch krank und mehr oder weniger therapiebedürftig. Capitaine Luc Morel  versucht, seine vier Leute und seine Sansevieria (Bogenhanf) „Emma“ bei Laune zu halten. Er beauftragt seine Inspektoren Mathis Durand und Emil Legard, die gerade einen Raubüberfall im Blitztempo geklärt haben, den Todesfall eines jungen Mädchens zu untersuchen, während das Team Magda und Arno sich um eine Wasserleiche kümmern soll.

Doch Mathis Durand rastet bei den Befragungen vor Ort aus und verprügelt nicht nur seinen Kollegen Legard, sondern auch noch den Vater des toten Mädchens: Er selber hat seine elfjährige Tochter Lilou vor Kurzem verloren – seitdem wird er immer wieder von posttraumatischen Belastungen heimgesucht, derer er nicht Herr wird.

Morel suspendiert Durand nach diesem Vorfall ohne Einhaltung des üblichen Dienstwegs vom Dienst und verordnet ihm auf eigene Faust eine skurrile Therapie bei Lady Lynn, einer Prostituierten mit religiöser Hausdame, nachdem eine therapeutische Behandlung bei Dr. Gabrielle Murat, der Chef-Polizeipsychologin, keinen Erfolg gebracht hatte.  Piedad Martinez, Chef-Polizeipsychologin, schaut angesichts dieser unkonventionellen Vorgehensweise lieber dezent weg und lässt sich von Morel mit einem Veuve Clicquot Jahrgangssekt und Schokolade von Fauchon „bestechen“.

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Eduard Mörike – „Mozarts Reise nach Prag“

Rating: ★★★☆☆ 

Im Herbst des Jahres 1787 unternahm Wolfgang Amadeus Mozart in Begleitung seiner Frau Konstanze eine Reise nach Prag, um seinen „Don Giovanni“ dort selber zur Aufführung zu bringen.

Nach einigen Tagen machen sie in einem Gasthof Rast und Mozart spaziert in einem Schlossgarten. Dort kommt es zu einer „unerhörten Begebenheit“: Er pflückt nämlich eine Pomeranze (Bitterorange) von einem Pomeranzenbaum des Schlossgartens – und wird dabei erwischt. Doch alsbald wird der Meister erkannt und vom Grafen zur am selben Tag stattfindenden Verlobungsfeier seiner Tochter Eugenie eingeladen.

Das Ehepaar Mozart verweilt nun auf dem Schloss. Der Komponist spielt aus seinem „Don Giovanni“ vor, Eugenie singt dazu. Erst am nächsten Tag werden die Mozarts zur Weiterfahrt entlassen.

Eduard Mörike (1804 – 1875) schrieb die Novelle zum hundertsten Geburtstag (27. Januar 1756) des von ihm hochverehrten Komponisten. Sie zählt zu den bekannten Musiker-Novellen der Literaturgeschichte. Die geschilderte Rast ist frei erfunden, weder gibt es Tagebuchnotizen noch Briefdokumente darüber. Was Mörike in Übereinstimmung mit den bekannten biografischen Daten jedoch beibehielt, ist die Schilderung der Person Mozarts, seine Arbeits- und Sprechweise.

Mörike schrieb 1855 an den Verleger der Novelle: „Meine Aufgabe bei dieser Erzählung war, ein kleines Charaktergemälde Mozarts aufzustellen, wobei, mit Zugrundelegung frei erfundener Situationen, vorzüglich die heitere Seite zu lebendiger, konzentrierter Anschauung gebracht werden sollte“.

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Cess Nooteboom – „Briefe an Poseidon“

Rating: ★★★★★ 

Wir leben in einer gottlosen Welt, doch nicht jeder will das wahrhaben. Mancher sucht heute wieder Kontakt zu Mysterien und Gottheiten. Doch da diese jedoch nie antworten, bleiben es auch bei Cees Nooteboom Monologe, die er an das Göttliche richtet.

Cees Nooteboom vermengt in diesem kleinen Buch den antiken Mythos mit der Rationalität naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Aus dieser Dialektik heraus entstehen kleine, meist einseitige Miniaturen, in denen das ewige „Faust“-Thema anklingt: „Was ist es, was diese Welt im Innersten zusammenhält?“

Cees Nooteboom liebt das Meer, die graue heimische Nordsee ebenso wie das leuchtend blaue Wasser um seine Ferieninsel Menorca. So verfiel er in einem Anflug „ionischer Energie“ darauf, seine maritimen Betrachtungen dem zuständigen Meeresgott Poseidon zu widmen. Dass mit Antwort nicht zu rechnen sei, gebe ihm ein „Gefühl phantastischer Freiheit“.

Nooteboom hält Poseidon die moderne Naturwissenschaft vor: „(…) wir können alles, oder fast alles, sogar das, was früher nur ihr allein konntet.“ Und schließlich muss sich der Herr der Meere auch fragen lassen, wie es denn mit seinen Kenntnissen der „Philosophie und leider auch Theologie“ bestellt ist. Für alle Fälle erläutert der Autor dem Dreizackschwinger noch schnell die Trinität.

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Clemens Zahn / Cees Nooteboom – „Engel“

Rating: ★★★★☆ 

Zu diesem Buch von Clemens Zahn hat Cees Nooteboom zwar nur ein Essay „Die Rückkehr der Engel“ geschrieben, aber weil beide Autoren das Thema „Reisen“ verbindet, passen die vielen Engelfotos und Nootebooms Text harmonisch zusammen.

Engel begegnen uns überall: In der Malerei, Bildhauerei, Literatur. Auch wenn jene beflügelten Wesen schon im alten Testament vorkommen und auch das Neue Testament bevölkern, so war man lange nicht sicher, welchen Geschlechts sie seien. Das 2. Konzil von Nicäa stellte klar, dass sie geschlechtslos, also weder Männer noch Frauen seien, eben weil sie keine Körper haben und deshalb auch wohl nie nackt dargestellt werden (außer den kleinen Posaunenengeln).

Ihre Funktion innerhalb des christlichen (und islamischen) Glaubens ist nicht eindeutig: Bote, Kurier, Abgesandter, Vertreter einer geträumten Welt? Meist sind sie Boten, Gefährten, Beschützer (Schutzengel) oder Begleiter ins Jenseits, weshalb man sie als Skulpturen so auf auch Friedhöfen findet. Sie sind offenbar konfessionslos und  unabhängig von einem Gottesglauben; dass sich die monotheistische christliche Kirche damit abfinden konnte, ist bemerkenswert – zumindest hat sie Engel nie in Frage gestellt.

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