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Es geschieht höchstens ein oder zwei Mal im Jahr, dass ein Buch meine uneingeschränkte Bewunderung erhält – und ich das 5-Sterne Bewertungssystem als unzureichend empfinde.
Dieses Buch von Cees Noteboom und Eddy Posthuma de Boer gehört entschieden zu eben diesen.
Schon Blaise Pascal formulierte einst, dass alles Unglück der Menschheit seinen Ursprung in der Tatsache habe, dass die Menschen nicht imstande seien, 24 Stunden in ein und demselben Raum zu bleiben. Der Mensch ist seinen genetischen Wurzeln nach Nomade.
Cees Noteboom bezeichnete sich selber einmal als „kleiner Buchhalter des Universums“ und ist seit mehr als vier Jahrzehnten unterwegs, um den „genius loci“ von Orten dieser Welt zu archivieren. Kein Kontinent, den er nicht erkundet hätte.
Was macht nun den Reiz dieses Werks über das Reisen aus? Noteboom beantwortet die Frage selber, nach dem Charme des Reisens befragt:
„Dass sämtliche Erhaltungssysteme, über die man normalerweise verfügt, versagen. Man wird zu dem, was man wirklich ist, zu einem totalen Außenseiter, jemand, der nirgendwo hingehört. (…) Das Reisen wird dann das, was es wirklich ist, ein Symbol für die größere Reise, von der wir, wenn wir ganz ehrlich sind, auch nicht viel verstehen: die Reise durch dieses irdische Tal der Tränen.“
Alle atemberaubenden Fotographien stammen von Eddy Posthuma de Boer (einem der wohl versiertesten niederländischen Fotojournalisten) und sind auf gemeinsamen Reisen mit Cees Noteboom im Laufe von vier Jahrzehnten entstanden. Das Buch setzt der gemeinsamen Arbeit ein würdiges Denkmal.
Fazit: Wer nicht aus seinem gewohnten Daseins herausgeschleudert werden möchte und solche Reisen selber nicht aushält, der kann ersatzweise in diesem wunderschönen Buch gefahrlos und bequem im Sessel hinter dreifachisolierten Fensterscheiben und zentralgeheizten Räumen blättern – und ist dennoch hautnah dabei.