Rating:
Als ich die erste Buchankündigung zur „Partitur des Todes“ las, hatte ich zunächst beschlossen, diesen dritten Band der Marthaler-Serie auszulassen. Warum?
In dieser Geschichte bekommt der Franzose Georg(es) Hofmann, Besitzer eines kleinen Pariser Revuetheaters, ausgelöst durch ein Interview der Journalistin Valerie des TV-Senders „Arte“ von einer Zuschauerin einen Brief seiner in Auschwitz umgekommenen Eltern zugesandt. Sein Vater hatte dieser Frau den Umschlag anvertraut, mit der Bitte, den Sohn ausfindig zu machen, der, anders als seine Eltern, 1941 vor den Nazi nach Paris fliehen konnte.
Anmerkung eins: Erst nach 60 Jahren wird die Überbringerin auf den Sohn aufmerksam.
In diesem Umschlag befindet sich die Partitur einer verloren geglaubten Operette von Jacques Offenbach mit dem Titel „Das Geheimnis einer Sommernacht“, die Hofmanns Vater wohl einst durch Zufall erstanden durch seine Zeit in Auschwitz gebracht hat. Auf der Rückseite befinden sich vorerst nicht entschlüsselbare Kombinationen von Zahlen und Buchstaben.
Anmerkung zwei: Wenig glaubhaft, das es gelungen sein soll, einen solchen Umschlag durch die Hölle von Auschwitz zu bringen.
Hofmann vertraut der Journalistin die Partitur an und Valerie reist mit dem Päckchen im Millionenwert zu Verkaufsverhandlungen nach Frankfurt am Main. Dort kommt es zu auf einem Restaurantboot zu einer Schießerei, bei der fünf Menschen, darunter ein Staatssekretär, erschossen werden. Valerie hingegen ist verschwunden.
Anmerkung drei: Wenig glaubhaft, dass Hofmann das Original der Partitur, diesen einzigen Nachlass seines Vaters, einer ihm fremden Journalistin anvertrauen soll. Auch merkwürdig, dass der Zeichencode ihn nicht interessiert.
Parallel zum Handlungshauptstrang wird – wie sich das in fast allen „Kommissar-Romanen als stets wiederkehrendes Thema inzwischen entwickelt hat – die Geschichte der Beziehung Marthalers zu Tereza weitergesponnen. Das alles erinnert stark an Kommissar Wallander und andere Kollegen dieses Genres. Auch die am Ende sieben Toten sind wenig plausibel, doch Grusel sells.
Inzwischen reden Seghers Figuren auch so wie im TV – und das liegt nicht nur am Vorleser Miroslaw Nemec, der mir in diesem dritten Hörbuch weniger gefällt als sonst. Ihn gelingt die stimmliche Darstellung verschiedener Charaktere nur mäßig. Vorleser wie Rufus Beck wären dieser Anforderung wohl besser gerecht geworden.
Meine Widerstände gegen das (Hör-) Buch haben sich im Nachhinein bestätigt. Das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte sollte nicht nolens volens als modisches Motiv für einen Kriminalroman herhalten müssen. Georges Hofmann verkommt im Laufe der Handlung zur Randfigur. Und wenn das Thema Auschwitz behandelt wird, dann braucht es viel Fingerspitzengefühl.
Fazit: Jan Seghers, alias Matthias Altenburg, ist wieder einmal ein erfolgreicher, weil auflagenstarker Kriminalroman gelungen. Dass er stromlinienförmig und wenig essenziell ist, kann man Altenburg angesichts seiner schriftstellerischen Fähigkeiten vorhalten.