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Wir haben an dieser Stelle bereits zwei Bücher von Norbert Scheuer rezensiert.
Einen Gattungsbegriff sucht man vergeblich. Kein Wunder, für einen Roman fehlt die durchgängige Geschichte, dann eher schon „Kurzgeschichten“ oder 45 „Miniaturen“, die lose miteinander verknüpft sind.
Auch dieses dritte Buch ist quasi ein „Heimatroman“, der sich einzig den Menschen aus dem Eifelort Kall widmet. Wer die beiden anderen Bücher gelesen hat, wird unweigerlich Parallelen erkennen. Die Handlung dreht sich auch hier um vom Schicksal geplagte zwei Dutzend (teilweise aus den anderen Romanen bekannte) Figuren, vom Schuhhändler, über die Kneipenbesitzer bis zum Fischzüchter. Die Geschichten sind keinen einzelnen dieser Menschen aus dem Ort Kall gewidmet, sondern bilden zusammen dieses Städtchen ab, oder mehr noch, eine ganz andere Welt, ein Panoptikum des Lebens in der Provinz.
Scheuers Prosa ist schmucklos und wenig anheimelnd. Mit wenigen Strichen schafft Scheuer eine Szenerie und erzeugt eine Atmosphäre, die die Verlorenheit der Figuren deutlich herausstreicht. Denn der Leser lernt ausschließlich seelisch deformierte Menschen kennen, die in der Kleinstadt in einem trüben Alltagsleben gefangen sind. Das Landleben wird von Scheuer mitnichten idealisiert. Kall, das ist kein glücklicher Ort, sondern eine verfallende Heimat.