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Das Buch „Die letzte Herberge“ ist (laut Schutzumschlag) ein „Kriminalroman“ – und ist alles andere als das (auch wenn es zwei Tote gibt).
Das Buch (sagen manche) sei ein „Heimatroman“ – und doch ist er das gewiss nicht (auch wenn er im landschaftlich zauberhaften Vorarlberg spielt).
Das Buch sei eine „Sozialstudie“ über das Obdachlosenmilieu – und doch ist es dies nur vordergründig, auch wenn die „Letzte Herberge“ in der Tat ein Obdachlosenasyl ist.
Nein, mit Gattungsbegriffen kommt man auch diesem zweiten Fall von Chefinspektors Tone Hagen (und seinem Montafoner Kollegen Gfader) nicht bei. Und genau das macht den Wert von Autor und Buch aus.
Auch wenn Orts- und sprachliche Grundkenntnisse ein Glossar mit Vorarlberger Begriffen und deren deutsche Übersetzung hilfreich wären, weil sie dem (nord-) deutschen Leser oftmals „abgängig“ sind, beeinträchtigt dies die Lektüre kaum.
Das Motto der „Sandler“ (Obdachlosen) ist „tua eppas“ (tu etwas) – ein Zentralmotiv des gesamten Romans. Doch ist allein das Tun noch kein Garant für Sinnhaftigkeit. Das bekommt auch der von der „Midlife-Crisis“ geplagte Tone Hagen schmerzhaft zu spüren.
Der Charme des Romans liegt nur wenig in der bis zuletzt anhaltenden Grundspannung. Franz Kabelka gebührt das Verdienst, mit seinen Büchern jenseits der eigenen Befindlichkeit auch genaue Sozialstudien – oder besser wohl Psychogramme – von Außenseitern zu verfassen.
Unzweifelhaft haben seine Bücher deutlich mehr Tiefgang als die meisten sog. „Thriller“ skandinavischer Provenienz mit pervertierter und bestialischer Ausrichtung.
Fazit: Bücher – gar Kriminalromane – mit Tiefgang sind nicht jedermanns Sache. Wer jedoch ohne schlechtes Gewissenauch mal einen „Krimi“ lesen will, ohne sich hinterher für dieses Tun rechtfertigen zu müssen, ist mit dem (Wahl-) Vorarlberger Franz Kabelka gut gerüstet.