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Zugegeben, die ersten 100 Seiten haben es mir nicht leicht gemacht. Zunächst wähnte ich mich bei einem ähnlichen – für mich unerträglichen – Autor wie Michel Houllebeque.
Doch dann wurde das Buch ab dem zweiten Drittel besser, ja richtig gut – und die Sinnhaftigkeit und Rechtfertigung der ersten Hälfte wurde im Nachhinein deutlich.
Vor dem Hintergrund des Reigens der französischen Präsidenten der 5. Republik (ein erzählerisch interessanter Ansatz) erzählt Jean-Paul Dubois die Geschichte von Paul Blick und seiner Familie.
Ein ungewöhnlicher Zeitgenosse wird uns da vorgestellt, der im Strudel des Jahres 1968 und der daraus folgenden gesellschaftlichen Verwerfungen als „Linker“ ohne große Überzeugung Soziologie studiert, später als Sportjournalist sein Geld verdient, eine Unternehmerin heiratet und die Rolle des Hausmanns übernimmt.
Paul Blick ist eine Persönlichkeit in der existentiellen Sinnkrise, wie wir sie schon von Camus („Der Fremde“) kennen.
„Doch ich hatte in dieser Hinsicht keinerlei Illusionen mehr. Ich hielt die Liebe für eine Art Glauben, eine Art Religion, mit menschlichem Antlitz. Statt an Gott zu glauben, glaubte man an den anderen, nur existierte der andere genauso wenig wie Gott. Der andere war nichts als der trügerische Widerschein des eigenen Ich, der Spiegel, der die Verzweifelung einer unermesslichen Einsamkeit mildern sollte.“
Doch niemand das hat Glück gepachtet. Nach dem Aufstieg folgt alsbald der Fall. Die Frau verunglückt, hinterlässt nicht nur Rätsel, sondern immense Schulden. Die Mutter wird pflegebedürftig, die Tochter wird krank. Paul Blick nimmt alle Schicksalsschläge stoisch hin – und wird Gärtner.
Und dann dieser Schlusssatz: „Das Leben war nichts anderes als dieser trügerische Faden, der uns mit den anderen verband und uns glauben machte, dass wir für die Zeit des Lebens, das wir für bedeutungsvoll hielten, etwas waren und nicht vielmehr nichts.“