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Der vorliegende Titel ist nicht nur wegen seiner sonst eher unüblichen doppelten Länge ein Buch, das aus der Reihe der anderen 400 Simenon-Romane fällt.
Im Jahre 1943 geschrieben, gehört es zu den frühen Werken Simenons, der in dieser Phase deutlich vom Existentialismus geprägt ist. Und so nimmt es denn nicht Wunder, dass eine gewisse inhaltliche Nähe zu den Werken von Albert Camus auch in diesem Buch nicht von der Hand zu weisen ist.
Ähnlich wie Camus‘ Protagonist Mersault sind die beiden Hauptakteure dieses Buches Mörder ohne Reue. Beiden geht es um Geld. Doch der eine hat es unter vielen Mühen zusammengerafft, während der andere dieser Mühen nicht fähig ist; er will nicht säen und doch ernten. Dabei schreckt er vor nichts zurück und ist von einer berechnenden Kälte. Doch anders als mancher zeitgenössische Kriminalautor kommt Simenon ohne detaillierte Schilderungen scheußlichster Grausamkeiten aus.
Und wie so oft bei Simenon kommt er – das mag manchen Leser schockieren – davon. „Es gibt keine Wahrheit„, hat Simenon an anderer Stelle einmal geschrieben – und damit auch keine Moral. „Tout comprendre, c‘ est tout pardonner“ ist Simenons Devise. Er macht sich nie zum Richter, verurteilt nicht. Die Übeltäter sind keine Monster, sondern Menschen. Sie haben zwar ein Verbrechen begangen, doch dieses versucht Simenon in seinen Beweggründen nachvollziehbar zu machen, eine emotionale Beziehung zwischen Opfern und Tätern aufzudecken, um daraus Schlüsse zu ziehen. Dabei wird die Menschenwürde wird auch bei seinen Tätern niemals angetastet.
Simenon bezeichnete sich selber als neugierig auf Menschen und ihre Denk- und Verhaltensweisen – auch wenn er immer noch von vielen als Autor von „Kriminalromanen“ unterschätzt wird. Dabei sind auch seine Maigret-Romane genaue Sozialstudien und menschliche Psychogramme. Besonders aber die „Nicht-Maigret-Romane“ zeichnen sich als das aus, was Literatur sein soll: Sie zeigen Menschen im Konflikt, Menschen am Scheideweg.