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Eines Tages stand die junge Autorin Judith Schalansky im Lesesaal der Berliner Staatsbibliothek vor einem mannshohen Globus. Sie entdeckte auf ihm winzige Flecken Land, deren Namen sie noch nie gehört und von deren Geschichte sie noch nie gelesen hatte. Eine Idee ward augenblicklich geboren: Sie würde über eben diese weithin unbekannten Inseln schreiben.
Entstanden ist der zunächst der vielbeachtete „Atlas der abgelegenen Inseln“. Nun liegt das Buch in einer Überarbeitung als „Taschenatlas“ vor.
Nach einem Vorwort überdas Projekt unter der Kapitelüberschrift „Das Paradies ist eine Insel. Die Hölle auch.“ beschreibt die Autorin 50 Inseln auf je vier Seiten. Auf der ersten linken Seite beschreibt sie die historisch unterschiedlichen Namen und verrät Datumdetails und Namen der Entdeckung, die Größe, die Einwohnerzahl und die nationale Zugehörigkeit.
Auf der rechten Seiten wird die Insel im Maßstab 1:75 000 abgebildet. Auf den beiden nachfolgenden Seiten erzählt uns Judith Schalansky ausgewählte Geschichten über die Insel. Die Inseln werden nach Ozeanen getrennt vorgestellt: Arktischer Ozean, Atlantischer Ozean, Indischer Ozean, Pazifischer Ozean, Antarktischer Ozean.
Das Buch übt eine große Faszination auf den Leser aus. Die detailgenauen topographischen Abbildung der Inseln regen die Phantasie an, auch wenn viele Inseln unwirltich und unbewohnt sind. Natürlich fehlt „Robinson Crusoe“ (Juan-Fernandez-Inseln) mit 96,4 km2 und 633 Einwohner als zu Chile gehörende Insel nicht.
Hat man alle Inseln kennengelernt, versteht man die erste Überschrift des Vorworts wirklich: Die Geschichte der Inseln ist selten romantisch, sondern fast immer eine Geschichte menschlicher Gewalt. Das destruktive Tun des Menschen wird ebenso deutlich wie sein unbezähmbarer Aneignungstrieb.
Judith Schalansky hat mit diesem Buch ein kreatives Meisterwerk geschaffen, das keinesfalls nur geographisch Interessierte in ihren Bann schlagen wird. Es ist eines der schönsten Bücher dieses Jahres.