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Ein Kommissariat in Paris. Kein gewöhnliches: Von den hier Tätigen sind die meisten psychisch krank und mehr oder weniger therapiebedürftig. Capitaine Luc Morel versucht, seine vier Leute und seine Sansevieria (Bogenhanf) „Emma“ bei Laune zu halten. Er beauftragt seine Inspektoren Mathis Durand und Emil Legard, die gerade einen Raubüberfall im Blitztempo geklärt haben, den Todesfall eines jungen Mädchens zu untersuchen, während das Team Magda und Arno sich um eine Wasserleiche kümmern soll.
Doch Mathis Durand rastet bei den Befragungen vor Ort aus und verprügelt nicht nur seinen Kollegen Legard, sondern auch noch den Vater des toten Mädchens: Er selber hat seine elfjährige Tochter Lilou vor Kurzem verloren – seitdem wird er immer wieder von posttraumatischen Belastungen heimgesucht, derer er nicht Herr wird.
Morel suspendiert Durand nach diesem Vorfall ohne Einhaltung des üblichen Dienstwegs vom Dienst und verordnet ihm auf eigene Faust eine skurrile Therapie bei Lady Lynn, einer Prostituierten mit religiöser Hausdame, nachdem eine therapeutische Behandlung bei Dr. Gabrielle Murat, der Chef-Polizeipsychologin, keinen Erfolg gebracht hatte. Piedad Martinez, Chef-Polizeipsychologin, schaut angesichts dieser unkonventionellen Vorgehensweise lieber dezent weg und lässt sich von Morel mit einem Veuve Clicquot Jahrgangssekt und Schokolade von Fauchon „bestechen“.
Legard, der immer noch bei seiner 80-jährigen Mutter lebt, stopft sich derweilen mit Eclairs, Macarons und Madeleines voll – nicht nur, weil sie ihm so gut munden, sondern, weil er Maria, die Bäckereifachverkäuferin, anhimmelt. Das einzige Problem: Seit über einem Jahr wagt er es nicht, sie anzusprechen. Mehr als „Zwei Madeleines, bitte!“, kommt ihm nicht über die Lippen. Auch scheitert er ständig bei dem Versuch, sich von seiner autoritären Mutter zu lösen und endlich seine große Liebe zum Essen einzuladen.
Gewiss, wer das Krimi-Genre ein wenig kennt, fühlt sich bei diesem Buch unweigerlich an die französische Autorin Fred Vargas und ihre Kriminalromane erinnert. Wolfgang Gogolin hat für seinen ersten Krimi nämlich auch überaus schräge Charaktere geschaffen, die denen eines Jean-Baptiste Adamsberg, Danglard oder Retancourt in den Romanen von Fred Vargas in Nichts nachstehen! Vielleicht haben Gogolins Protagonisten sogar einen noch größeren „Knall“!
Wolfgang Gogolin ist mit diesem Buch ein „roman policier bleu“ (ein frei erfundenes Pendant zum „film noir“) gelungen, wenn man so will. Wolfgang A. Gogolin, Jahrgang 1957, von Beruf Rechtspfleger, lebt in seiner Heimatstadt Hamburg, wo er auch zehn Jahre lang als Standesbeamter arbeitete. Bisher hat er eine Reihe von Kurzgeschichten bei verschiedenen Verlagen veröffentlicht. Er sollte die begonnene Geschichte dieses Kommissariats unbedingt fortsetzen und vielleicht auch eine Drehbuchversion anfertigen – denn das alles ist überaus filmreif. Ein guter Autor erzeugt Bilder im Kopf des Lesers – und das ist dem offensichtlich frankophilen Wolfgang Gogolin vollends gelungen.
Warnung: Dieses Buch kann man nicht anders als in einem Zug lesen. Bei 125 Seiten ist dies jedoch eine lösbare Aufgabe.