Erzählen

Einst verklärten Mythen und Religionen die Welt. Denn der Mensch hat immer versucht, die Welt zu verstehen. Märchen, Sagen und Geschichten halfen ihm, seine Realität zu erfassen.

Einst war die Welt noch unerklärbarer als sie heute noch ist. Da war es nur verständlich, dass in allen Kulturen Götter und Geister als Deutungsmuster herhalten mussten – auch wenn uns heute solche Geschichten oft seltsam vorkommen.

Auch heute ist die Befreiung durch Erzählen Lebenshilfe von vitaler, fundamentaler Bedeutung. Noch nie wurden so viele Bücher gedruckt oder Filme gedreht.

Die klassische Literatur ist voller Beispiele solchen Erzählens, ja, sie ist letztlich die Fortsetzung des Märchenerzählers und Sagenrauners: „1001 Nacht“, Boccaccios „Decamerone“, „König Artus Ritter der Tafelrunde“, die „Edda“ usw. – letztlich auch die christliche Bibel.

Auch die zunehmende Entmythologisierung der Welt durch die Wissenschaften kann das menschliche Verlangen nach Mythos offenbar nicht beseitigen. Dabei übernehmen die Wissenschaften mehr und mehr die Funktion einstiger Mythen.

Doch die alten Geschichten und Mythen begleiten uns noch heute, haben sie doch unsere Weltsicht mit geschaffen. Mythen sind das, „was nie geschah, aber immer ist“ (Sallust).

Für den Autor Hanns-Josef Ortheil muss Literatur vor allem autobiographischen Charakter aufweisen, um zu dem zu werden, was er braucht, Befreiung nämlich: Ihm diene „das Schreiben nicht als Repräsentanz, sondern als Herstellung des Lebens“.

„Der Schriftsteller – und das ist in seiner Natur – wünscht, sich Gehör zu verschaffen.“  (Ingeborg Bachmann)