Bestseller

Zu meiner großen Verwunderung und Erbauung hat der renommierte Journalist Ulrich Greiner in „DIE ZEIT“ 2/2011 einen Beitrag gegen den kursierenden „Bestseller-Hype“ am Beispiel der Martin-Suter-Romane verfasst.

Der „Bestseller“ ist per definitionem ein Buch, das sich hervorragend verkauft. Doch diese Qualifizierung ist eigentlich eine Quantifizierung, die das Werk keinesfalls automatisch auch als „Literatur“ adelt. Auch wenn der “Deutsche Buchpreis” für den “besten deutschen Roman” vergeben wird, dann handelt es sich in der Regel um das am besten verkäuflichste, die meisten Tantiemen einspielende und von der “breiten Masse” zu Weihnachten verschenkte Buch.

Wie bereits an anderer Stelle  und auch hier geschrieben, hat Suter mit „Small World“ einen beachtliches Erstlingswerk geschaffen, in dessen Folge jedoch m. E. keine vergleichbaren Bücher mehr zu verfassen vermocht. Greiner schreibt gar, dass „Martin Suters erstaunlich gelobte Romane erstaunlich schlecht geschrieben sind“ – und exemplifiziert dies an einer Vielzahl von Textbeispielen.

In der Tat, Suter ist ein Kind seiner Zeit. Der -nicht nur sprachlich – reduktionistischen Werbebranche entspringend versteht er es mit einem passenden Verlag im Rücken, den gehobenen Unterhaltungsmassengeschmack zu bedienen, von Menschen, die zwar keine „Knaur“ oder „Goldmann“- Taschenbücher kaufen würden, wohl aber jene des noblen und erfolgreichen „Diogenes Verlags“.

Einmal mehr stehen wir am Scheideweg der noch nie hinreichend beantworteten Frage, was denn nun „Literatur“, gar „gute Literatur“ sei? Greiner hält auf die Sprache. Ihm missfallen Texte, die parataxisch nur lauter Hauptsätze aneinanderreihen:

„Terry Werenbusch! War es möglich, dass er Jack Tanner auf dem Gewissen hatte? Und ihn selbst um ein Haar auch? Gewissen? Wenn es zutraf, besaß Terry Werenbusch offenbar keines.“

„Maravan zählte die Tage bis zum Ende der Europameisterschaft. Nicht nur wegen des Jobs. Der ganze Rummel ging ihm auf die Nerven. Er interessierte sich nicht für Fußball. Schwimmen war sein Sport gewesen. Und ganz früher hatte er sich einmal für Kricket interessiert. Bevor er sich ganz dem Kochen verschrieben hatte. „

Doch wir fragen, wem im Gegenzuge gedient ist, mit einem Autor, der die Hypotaxe bis zur Perfektion bedient und Reflexivum und Partizip Perfekt bis ans Äußerste zu postponieren vermag , gar den Konjunktiv I und II beherrscht, jedoch den Leser entnervt, ja, vielleicht schlimmer noch, gelangweilt zurücklässt?

Die Parataxe entspricht dem literarischen Zeitgeist – und das liegt nicht nur daran, dass „the next generation“ die deutsche Zeichensetzung nicht mehr beherrscht. „Warum ist Suter so beliebt? Weil er für seine Bücher keine Hochsprache oder gar Literatursprache wählt, sondern die Umgangssprache, die jeder von uns tagtäglich so dahinredet.“ – „Weil, man liest ja am liebsten Sätze, die man schon kennt.“

Wie schrieb schon einst im vorigen Jahrhundert Eckhart Henscheid: „Geht in Ordnung, sowieso, genau.“