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Narziss und Gold im Mund.
Wir kennen sie alle, ob aus eigenen Erfahrungen oder aus den Erzählungen von Freunden und Bekannten: Die rücksichtlose, nach Anerkennung und Erfolg strebende Persönlichkeit, die nur den Raum zu betreten braucht und schon ebenso bewusst wie gezielt jegliche Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Im Banne seines Auftritts, seiner körperlichen Präsenz und seiner Erzählungen wird schnell seine Großartigkeit deutlich. Als Zuhörer wird man ungewollt zum Statisten, beginnt alsbald kleinlaut und deprimiert an den eigenen Fähigkeiten zu zweifeln, und dieser Zweifel schlägt bei manchem in Faszination für die andere Person um.
Falls man es wagt, die scheinbar tadellose Genialität der dieser Person infrage zu stellen oder gar zu kritisieren, wird man kurz und von oben abgefertigt. Man kann sich nun sicher sein, nicht mehr in Vergessenheit geraten, denn der mangelnde Respekt wird einem in alle Ewigkeit nachtragen.
So ähnlich hat Reinhard Haller in seinem Buch „Die Narzissmusfalle – Anleitung zur Menschen- und Selbstkenntnis“ den „grandiosen Narzissten“ charakterisiert. Doch dies ist nur eine der vielen verschiedenen Formen, in denen Narzissmus auftreten kann.
Haller hat sich intensiv mit dem Phänomen Narzissmus befasst und geht in seinem Buch nicht nur ausführlich kapitelweise auf die unterschiedlichen Merkmale und Typen von Narzissmus ein, sondern darüber hinaus, auch auf deren Ursachen, Umgangstipps und der Bedeutung in der heutigen Gesellschaft.
Dabei braucht der Leser keine wissenschaftlichen Vorkenntnisse; auch handelt es sich nicht um eine Aufzählung verschiedener Studien, dennoch wird u.a. darauf eingegangen, ab wann eine Persönlichkeitsstörung – denn um eine solche handelt es sich in der Regel – als psychische Störung zu betrachten ist.
Das Phänomen wird auf knapp 200 Seiten anhand kurzer Erfahrungsberichte in Alltagssituationen im Beruf (z.B. weshalb Narzissmus häufig in Führungspositionen anzutreffen ist) wie privat (z.B. narzisstische Ehepartner) erläutert. Dabei werden Publikationen von Psychologen und anderen Experten auf diesem Gebiet mit einbezogen.
Unschwer erwischt sich der Leser dabei, an eigene, ähnliche Situationen mit ihm bekannten Menschen zu denken – kaum einer, der in seinem Umfeld nicht mit Egomanen, Solipsisten oder ausgeprägten Narzissten zu kämpfen hat. Nach der Lektüre dieses Buches wird man vielleicht dem oben erwähnten „grandiosen-Narzissten“ nicht mehr mit Ehrfurcht begegnen, sondern möglicherweise mit Verständnis oder gar Mitleid trotz seiner manchmal unerträglichen Verhaltensweisen. Abschließend gibt Haller noch einige Tipps zum Umgang mit verschiedenen Narzissmustypen.
Das Buch eignet sich nicht nur für „Betroffene“, sondern kann als Geschenk ggf. auch als Wink mit dem Zaunpfahl für Narzissten im eigenen Umfeld dienen, denen man sein Unbehagen lieber nicht persönlich ins Gesicht sagen möchte.