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Der Roman „Robinson Crusoe“ ist Geschichte eines Kaufmann, der 28 Jahre auf einer einsamen Insel als Schiffbrüchiger verbringt. Das Buch erschien 1719 und gilt als der erste englische Roman.
Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit: Ein gewisser Alexander Selkirk wurde 1704 nach einem Streit mit seinem Kapitän auf der Insel „Mas a Tierra“ ausgesetzt. Selkirk blieb gut vier Jahre auf der Insel. Nach seiner Rückkehr nach England wurde Selkirks Geschichte aufgezeichnet und in der Zeitschrift „The Englishman“ veröffentlicht. Angeblich soll Defoe Selkirk auch selber in einem Pub in Bristol getroffen haben und aus dessen Erzählungen zu seinem Roman inspiriert worden sein.
Defoes Klassiker wurde immer auf einen Abenteuerroman reduziert – dabei ist das Buch eher eine Gesellschaftskritik, bei der nur der erste Teil von Robinson Crusoes Zeit auf der Insel handelt. Tatsächlich beschreibt Defoe die gesellschaftlichen Verhältnisse Englands im 17. und 18. Jahrhundert als Erscheinungsform dessen, was Karl Marx später in seiner „Ursprünglichen Akkumulation“ detailliert beschreiben sollte.
Wie der leider früh verstorbene Anglist Hans-Jörg Tidick in seiner Dissertation „Daniel Defoes kleinbürgerliche Gesellschafts- und Literaturkritik“ nachwies, schildert Defoe seinen Robinson Crusoe als kleinbürgerliches-handelskapitalistisches Subjekt der Geschichte – was nicht weiter verwundert, weil Defoe selber seinen Lebensunterhalt mit dem Handel von Wein, Tabak und Lebensmitteln verdiente. Als Schriftsteller veröffentlichte er eine Vielzahl von Romanen, wohl auch in der Absicht dadurch die politische und religiöse Freiheit in England zu stärken.
Es ist wenig bekannt, dass Defoe Fortsetzungen des Romans unter den Titeln „The Farther Adventures of Robinson Crusoe“ und „Serious Reflections during the Life and Surprising Adventures of Robinson Crusoe, with his Vision of the Angelick World. Written by himself“ schrieb. Auch sein sozialkritischer Roman Moll Flanders ist rezeptionsästhetisch durchaus lesenswert.